Die Klamurke Notizen von unterwegs

In Russland Notiertes

Von Zauberkünstlern und Stripteasetänzerinnen

Ich hatte mal mit ein paar Leuten aus dem Show-Bereich ein Gespräch über Organisationsformen, in welchem ich der üblichen Vorgehensweise,

Bei diesem Gespräch wurde von einem der Beteiligten die von mir dargestellte „dynamische“ Vorgehensweise ohne weitere Argumentation gnadenlos verrissen und als unseriös abgetan, während sie von einer sehr aufmerksam zuhörenden Teilnehmerin mit guter Argumentation unterstützt wurde.

Erst nach dem Gespräch fiel mir auf, daß das Für und Wider bei den beiden berufsbedingt war:

Der Mensch nämlich, der sich dem „prozeßbetonten“ Vorgehen widersetzte war Zauberkünstler. Und als Zauberkünstler ist er natürlich resultatorientiert, endpunktorientiert, während das Prozeßhafte für ihn ein eher feindliches Element ist: In dem eben noch leeren Zylinder ist plötzlich ein Hase drin. Den Hasen zeigt er dem Publikum vor; den Prozeß aber, wie das Vieh da reinkam, muß er unter Aufbringen all seines Könnens verbergen. Als Zauberkünstler muß er die Existenz von Abläufen, von Prozessen als notwendiges Übel verabscheuen; kann nicht anders sein, denn sein Element sind die Resultate, die er unter Verbergen der sie schaffenden Prozesse dem Publikum vorführen kann.

Die junge Dame, die meine Darstellung der dynamischen Organisationsweise sehr gut verstand und auch schätzte, arbeitete als Stripteasetänzerin. Ihrer Arbeit nach lebt sie rein im Prozeß, während das angestrebte Resultat, die Nacktheit also, gewissermaßen nur ein Orientierungspunkt ist. Bezogen auf die Prozeß-Resultat-Beziehung das genaue Gegenteil des Zauberkünstlers.

Interessant an dieser Sache ist noch, daß dieses Gespräch tatsächlich stattfand…. Die Wirklichkeit hat manchmal schon sehr viel Phantasie….

Eben.




Anmerkung 1:
Das Gespräch, von welchem hier berichtet wird, fand tatsächlich statt; ich hab mir das nicht ausgedacht; und zwar fand es statt in Moskau in einem Haus am Ismailovskij Bulvar, ein Stockwerk unter dem Museum für Außenseiterkunst.
Das Moskauer Museum für Außenseiterkunst ist, nebenbei bemerkt, inzwischen nach Montenegro umgezogen, wo ich, nach mehrjähriger Trennung, nun als fester Mitarbeiter mit dabei bin.
Die damals ein Stockwerk tiefer gelegene Einrichtung ist leider nicht mit nach Montenegro gekommen.
Anmerkung 2:
Für den Fall, daß jemand die Rohform dieses Textes schon mal woanders unter anderem Namen gelesen hat:
Als Skizze hab ich das unter dem Pseudonym „Krüggelmeier“ vor ein paar Jahren im Assoziationsblaster veröffentlicht. – In jenem Blaster hab ich zwei im Abstand von einem Jahr jeweils als Krüggelmeier durchgeführte Expeditionen zu verzeichnen, bei welchen unter ebenjenem Pseudonym einiges an Geschriebenem herumgestreut wurde. Diente als eine Art ausgelagerter Notiz- und Skizzenblock; aber doch nicht ganz das Wahre. Zum Abschluß der zweiten Expedition rührte ich noch ein wenig um (war ganz lustig zu sehen, was da hochkam); und das reicht. Inzwischen benutz ich Facebook als ausgelagertes Notizbuch; das ist geeigneter.
Raymond Zoller