Früher bezeichnete man Menschen, die nicht denken wollten oder konnten, als „dumm“; und die Betreffenden hielten sich, außer, wenn sie sich im Rudel geborgen fühlten, bescheiden zurück.
Heute hat ein solcher die Möglichkeit, sich das Etikett „Querdenker“ aufzukleben; und wenn er zusätzlich noch gelegentlich irgendwelche Zitate von sich gibt oder Meinungen ausspricht, die mit der öffentlichen Meinung nicht ganz im Einklang scheinen, so sieht er sich vollauf berechtigt, auf jegliches Denken zu verzichten und sich dabei als hervorragenden Vertreter des Fortschritts zu fühlen.
Nicht Programme bestimmen das Leben, sondern lebendige Gedanken. Programme sind höchstens als Zwischenstufen brauchbar, als Hilfskonstruktionen, um in einer konkreten Situation Gedanken in die äußere Wirklichkeit hineinzuverkörpern: die Gedanken werden sozusagen in situationsgerechte Handlungsrichtlinien eingepreßt; und det iss, gewissermaßen als Gerüst, brauchbar und in Ordnung.
Wer aber ohne lebendige eigene Gedanken nur an Programmen klebt, der ist - meiner Ansicht nach - zur Unfruchtbarkeit verdammt. Es iss - um einen auf anderer Ebene angesiedelten etwas deftigen Vergleich anzuwenden - wie wenn einer sich im Sexshop so 'ne Plastikpuppe kauft und sich mit selbiger dann herumvergnügt. Für ihn mag det ja ganz nett sein; aber es iss kein Leben, und unfruchtbar isses sowieso....
Der mit Einkommen gekoppelte Arbeitsbegriff hat nicht automatisch mit Tätigsein zu tun. Mitunter läuft das bloß – wenn grad nichts oder nichts mehr oder sowieso nichts zu tun ist – auf ein Absitzen von Arbeitszeit hinaus; und der brave Bürger, dem dieser merkwürdige Arbeitsbegriff in den Knochen sitzt, ist ganz selbstverständlich der Ansicht, daß der untätig seine Arbeitszeit Absitzende sein Gehalt redlich verdient.
Bei einem „autonomen“ Arbeitsbegriff geht es eher um Tätigkeit, die man so lange ausübt, als sie benötigt wird; und wenn sie nicht mehr benötigt wird, tut man was anderes. Wenn man nicht darauf angewiesen ist, stur einen Rahmen zu füllen, für den man bezahlt wird, hat man auch eher die Motivation und die Bewegungsfreiheit für die Suche nach neuen Möglichkeiten, sich wirklich nützlich zu machen.
(bezüglich der Problematik des mit Einkommen gekoppelten Arbeitsbegriffs und zur auf ein bedingungsloses Grundeinkommen hinauslaufenden Entkoppelung siehe hier)
Wer anderen Gruben zu graben pflegt, fällt insofern selbst hinein, als er, solche Gepflogenheit auch bei anderen vermutend, vor jedem Schritt ringsum alles nach Fallgruben absuchend sich kaum noch traut, sich zu bewegen und schließlich vor Angst und Einsamkeit erstarrt.
Mag die Öffentlichkeit dem Posierenden mehr Beachtung schenken als dem Handelnden: Pose bleibt Pose, lenkt vom Handeln ab und bringt weder den Posierenden noch dessen Bewunderer auch nur einen Schritt weiter.
Wen es zur Veränderung drängt – den braucht man nicht zu missionieren; braucht ihm nicht vorzurechnen, wieviel Stunden der Tag hat, die er gefälligst nutzen soll, um fromm zu sein. So einer kämpft sich kommentarlos durch all die Wüsten und Dickichte und Stürme hindurch; wenn er auf die Schnauze fliegt, kriecht er halt eine Strecke, bis er sich wieder aufrichten kann; aber er kämpft.
Doch auch wer nicht von sich aus den Drang verspürt, sich aus der alles verschlingenden Alltagsbanalität zu befreien, sie nicht einmal bemerkt – braucht keine Aufforderungen zum Frommsein. Was soll er damit? Besser, er geht ins Puff.
Irgendwo las ich, durch das Wort habe man zu früheren Zeiten magisch auf die Wirklichkeit einwirken können. – Ich aber sage: solche magische Wirkung ist auch heute zu beobachten, alsda nämlich bei unvorsichtigem Gebrauche das Wort, zur Floskel gewandelt, uns wie magisch von der Wirklichkeit abschottet.
Das Fußball-"Wir" ist eine außerordentlich tiefe Rätselfrage. Da spielen also irgendwelche Fußballmannschaften gegen andere Fußballmannschaften (spielen tut man ja, wie man meinen möchte, normalerweise zum Plausch; aber hier ist es tierischer Ernst und wird gehandhabt, als ob das Schicksal ganzer Erdteile davon abhänge); eine jede dieser Fußballmannschaften ist irgendeiner Nation zugeordnet, und ringsum ein millionenstarkes "Wir" von Leuten, die auch "gewinnen" oder "verlieren", obwohl sie selbst nicht spielen.
Und wenn dann wieder sowas fußballhaftes zugange ist, hört und liest man an jeder Ecke: Wir gewinnen, wir könnten gewinnen, hätten gewonnen; wir sind gut.
Aber da spielen doch jeweils zwei Mannschaften, von denen jede - wenn ich mich nicht verzählt habe - aus 11 Spielern besteht. Wo sind denn da noch die ganzen "Wirs"?
Versteh ich nicht.
Solange das Chaos in Bewegung ist, kann man sich noch irgendwie damit arrangieren.
Richtig schlimm wird's erst, wenn es erstarrt. Zum Gesetz geronnener Unsinn ist nämlich kaum noch zu bewältigen.
[leicht überarbeitete Fassung einer unter dem Pseudonym "Krüggelmeier" im Assoziationsblaster veröffentlichten Notiz]
Ich stelle nicht den Anspruch, Krüggelmeier zu sein, da ich erstens nicht weiß, was Krüggelmeier bedeutet, und da ich zweitens auch mich selbst zu wenig kenne.
[leicht überarbeitete Fassung einer unter dem Pseudonym "Krüggelmeier" im Assoziationsblaster veröffentlichten Notiz]
Kultiviertheit wird häufig mit Manieriertheit gleichgesetzt (möglich, daß viele das Wort „Manieriertheit“ nicht kennen; aber wenn sie „Kultiviertheit“ sagen, meinen sie trotzdem „Manieriertheit“).
Manieriertheit ist die - oftmals penetrant zur Schau gestellte, da sowieso auf Effekt bedachte - Übernahme äußerer Formen.
Kultiviertheit ist ein bewußtes Umgehen mit den Dingen, das sich seine Formen selbst schafft.
[leicht überarbeitete Fassung einer unter dem Pseudonym "Krüggelmeier" im Assoziationsblaster veröffentlichten Notiz]
„Analogkäse“ ist ein in der Literaturwissenschaft noch nicht gebräuchlicher, aber des Gebräuchlichwerdens harrender Ausdruck für eine verbreitete Art von Berichterstattung, Literaturkritik, Theaterkritik u.Ä., wo in tierisch ernster Pose über einen tierisch ernst gemeinten Unsinn geschrieben und dabei ein dem behandelten Gegenstand analoger Käse produziert wird.
In den Händen sturer Fanatiker verwandeln sich auch die edelsten und sinnvollsten Ansätze in – mitunter gefährlichen – Unsinn
Die Formulierungshüllen von irgendwem – darunter auch von einem selber – ausformulierter und niedergeschriebenen Gedanken sind nur als Denkanregung von Wert; für sich genommen sind sie wertlos. Denken muß man schon selber. Und auch von einem selber früher mal Gedachtes muß man jedes Mal neu beleben; sonst bleibt es – wie jedes andere Zitat – bloß tote Worthülse.
Statt ihr inneres Wirrwarr der sozialen Wirklichkeit aufzuzwingen, täten manche Politiker besser daran, ihr Chaos in absurde literarische Texte hineinzuverkörpern.
Auch wenn sie es nicht schaffen sollten, solches auf literarischem Niveau zu bewerkstelligen – besser missglückte Literatur als chaotisierte Wirklichkeit [wobei natürlich auch missglücke Literatur chaotisierende Nebelschwaden schafft…]
Leichtfertig-sentimentales Herumgegeistel und leichtfertig-verbissenes Geistgeleugne ist g'hopst wie g'sprungen: beides ist geistlos.
Wer sich mit fremden Federn schmückt, riskiert, sich mit fremdem Mist zu bekleckern.
Bei manchem Volks ist die Welt ab irgendeinem Punkt mit Wörtern zugenagelt.
Da kann man dann über nichts mehr reden: Nur noch Wörter, nix als Wörter…
Dank Nachhilfe durch den Wohlstand beeinträchtigende kaum noch zu bewältigende Umstände, an deren Zustandekommen man dank seinem alles vereinfachenden Weltbilde sich beteiligen durfte, kommt nun immer mehr Volks zu der verblüffenden Einsicht, dass das alles gar nicht so einfach ist, wie man gedacht hatte.
Durchdogmatisierte Welterretter sind mitunter phantasieloser und stumpfsinniger als brave Bürger, die einfach bloß ihren Spaß haben wollen
Der Gleichmut oder die Abstumpfung, mich nicht aufzuregen, fehlt mir. Deshalb geh ich Dingen, an denen ich nichts ändern kann und die mich bloß ärgern, weitmöglichst aus dem Weg
Anfallende Korrekturen bei als fertig betrachteten Arbeiten als unangenehmer Nebeneffekt der Tatsache, daß man nicht stehenbleibt
Wissend um die Hintergründe reißerischer Angebote les ich gar nicht erst weiter, wenn ich im Vorspann Worte wie "erfolgreich", "genial" oder sonstiges in diesem Geiste entdecke.
Als ob irgendwelche besoffene Geister die Luft durchzucken würden. - Wenn's wenigstens interessante Geister wären. Dumpf und muffig sind sie; aber doch zappelig, wie Maden im Misthaufen.
Was der brave Bürger nicht versteht, schiebt er als Wortklauberei, rechtsextremistisch oder linksextremistisch beiseite. Oder zitiert und zerredet es.
Auf der einen Seite vorbehaltlose Autoritätshörigkeit, auf der andern Seite eine Horde als Leithammel verehrter aufgeblasener Nullen.
Was du schreibst mag einsehbar sein; akzeptabel wird es erst dann, wenn anerkennte Fachleute es absegnen. Denn anerkannte Fachleute können alles und wissen Bescheid.