Eines der Rinnsale, welches im Weiteren mit einigen anderen zu einem kräftigeren – und inzwischen weitgehend wieder versiegten – Flusse zusammenfloß, nahm seinen Anfang im April 2001, als ich – als freier Mitarbeiter eines Georgischen Politikers – auf der Suche nach der Lösung eines technischen Problems auf einen Schweizer Erfinder stieß, welcher ein neuartiges Strömungsaggregat entwickelt hatte. Nach kurzer, aber intensiver Korrespondenz luden wir ihn nach Georgien ein; und bereits wenige Tage nach seinem Eintreffen machten wir uns gemeinsam an die Projektierung eines Prototypen seiner Erfindung. Menschlich und sachlich paßte das so gut zusammen, daß mein Kollege – der Politiker – ihm kurz vor seiner Abreise auf dem Briefpapier des Georgischen Parlaments eine Vollmacht ausstellte: daß er in der Schweiz offiziell die Belange der Region Sachkhere vertreten kann; und außerdem wurde ihm eine Vertretervollmacht von der georgischen Firma „Armazi“ ausgestellt, die offiziell den Bau und die Erprobung seines Prototypen betrieb. Der Anlage nach hätte das eine weit gefächerte fruchtbare Zusammenarbeit werden können. (Und in einer deutschen Zeitschrift erschien gar ein Artikel über unsere Arbeit)
Energisch weitergetrieben wurde das aber zunächst nur auf Georgischer Seite: Wir bauten auf eigene Kosten den Prototypen und organisierten, gleichfalls auf eigene Kosten, die ersten Versuche: Mitte September 2001 wurde auf einem See in der Nähe von Tbilissi mit großem Erfolg unser Prototyp als Schiffsantrieb ausprobiert; als Versuchsfahrzeug mußte das Schiff der dortigen Wasserschutzpolizei herhalten. Bei der Gelegenheit wurde schon mal deutlich, daß unser Gerät der Schiffsschraube durchaus Konkurrenz machen kann, ihr möglicherweise in vieler Hinsicht gar überlegen ist.
Doch bis es so weit war, kam es zu ersten Merkwürdigkeiten und Problemen nicht technischer, sondern menschlicher Art, welche die Arbeit in Georgien in tiefste Verunsicherung tauchten. Nämlich geriet, während wir in Georgien mit dem Prototypen beschäftigt waren, unser Erfinder in der Schweiz unter den Einfluß zweier Persönlichkeiten, die ihm Millionen versprachen; was ihn sehr beeindruckte und seine Partner im fernen Georgien vergessen ließ. Schritte, die er unseren Abmachungen entsprechend in der Schweiz hätte ausführen sollen, unterließ er; und auf Bitten meinerseits reagierte er mit Beschimpfungen. Ende August wurde ihm dann aber klar, daß er zwei Scharlatanen auf den Leim gegangen war und daß mit Millionen nicht zu rechnen ist; und da ihn zu eben jener Zeit aus dem fernen Georgien Nachrichten ereilten, daß der Prototyp sich seiner Vollendung nähert – was mit Fotos von einem ganz realen Gerät dokumentiert wurde – beruhigte er sich und orientierte seine Aufmerksamkeit wieder nach Georgien. Vom Organisatorischen her wurde während dieser Phase sehr viel Zeit verloren, da praktisch überhaupt nichts geschah; doch das konnte man nu mal nicht mehr ändern. Außerdem bestanden wir, vorsichtig geworden, nunmehr darauf, unsere bislang nur durch mündliche Abmachungen besiegelte Zusammenarbeit durch einen schriftlichen Vertrag zu besiegeln. Was dann auch geschah. – Und recht taten wir, weil er, kaum wieder in der Schweiz, unter einen neuen Einfluß geriet; diesmal keine Scharlatane, sondern ganz reale Geschäftemacher, die sich die inzwischen erfolgreich erprobte Erfindung, mit entsprechender Abfindung an ihn, für sich nutzbar machen wollten. Wobei aber nun unser Vertrag hinderlich schien; und kurzerhand bat er uns, jenen Vertrag ersatzlos zu annullieren. Was wir aufgrund der investierten Mittel und Mühen natürlich nicht taten.
Und dann – verstummte er plötzlich; auf Anregungen, die vertraglich besiegelte Zusammenarbeit wieder aufzugreifen, reagierte er entweder überhaupt nicht, oder aber mit recht merkwürdigen schriftlichen Ergüssen. – Zu dem, was er seit seiner Abreise im September 2001, nachdem er uns gewissermaßen abgeschüttelt hatte, weiter trieb, erfuhren wir Anfang 2003 folgende Einzelheiten: Im Januar 2002 hatte auf seine Bitte hin ein Freund von ihm in seinem Bekanntenkreis Investoren gesucht und schließlich eine schweizerisch-französische Gruppe um sich geschart, welche – ohne von der vorangegangenen vertraglich besiegelten Kooperation mit Georgien zu wissen – Mittel investierten für den Bau eines Funktionsmodells nach inzwischen verbessertem Patent. Dieses Funktionsmodell wurde im Sommer erfolgreich im Rahmen der INBAT an der Universität Duisburg und am Schiffahrtsinstitut Gdansk getestet; es ist nun deutlich, daß das Aggregat, zumindest für die Flußschiffahrt, der Schiffsschraube in vieler Hinsicht überlegen ist. – Wir selbst, die Georgische Seite, die wir ihn anno 2001 durch unseren Einsatz aus seiner Stagnation befreiten, erfuhren hiervon jedoch nicht direkt von ihm, sondern über ganz andere Kanäle. Und zusätzlich erfuhren wir noch, daß es im Juni 2002, nach erfolgreichem Abschluß der INBAT-Tests, mit seinen neuen Partnern zu einem Eklat kam: Statt nämlich mit ihnen einen bereits abgesprochenen Vertrag zu unterzeichnen, eröffnete er ihnen, daß er zu einer solchen Unterzeichnung kein Recht hat, da er die Rechte an seinen Erfindungen bereits ein paar Jahre vorher vertraglich verpfändet hatte. – Eine Kopie des betreffenden Pfandvertrags wurde uns über verschiedene Kanäle zugeleitet; und nun wissen wir denn auch, daß der mit uns abgeschlossene Vertrag nicht rechtsgültig ist, da er nämlich darin an uns abgetretene Rechte bereits vorher an jemand anders abgetreten hat, und daß er uns somit betrogen hat. (Vor solchem Hintergrund ist nicht ganz verständlich, warum er seinerzeit auf Auflösung jenes – ungültigen – Vertrags gedrängt hatte; doch ist in seinem Verhalten überhaupt vieles ungereimt.) – Nun gut; immerhin wurden auf Georgischer Seite in seinen Prototypen – abgesehen von dem Arbeitseinsatz – 25.000 Dollar investiert; genauer: im Vertrauen auf faire und solidarische Zusammenarbeit hat ein Georgischer Politiker seine ganzen Mittel verausgabt und steht nun vor dem Nichts. Zunächst erwogen wir eine Betrugsanzeige; doch sahen wir dann davon ab und bemühten uns, die Sache, so gut es ging, mehr von der konstruktiven Seite her anzupacken.
Wir sahen uns denn Anfang 2002 plötzlich auf uns alleine gestellt und machten notgedrungen in eigener Regie weiter.
Das im September 2001 erprobte Gerät hatte ein paar Schwachpunkte, welche inzwischen durch zwei Weiterentwicklungen beseitigt wurden. Eine dieser Weiterentwicklungen stammt von dem Schweizer Erfinder selbst, die andere von Prof. Tabatadse, der 2001 Bau und Erprobung des Prototypen leitete. Beide Geräte wurden unabhängig voneinander zum Patent angemeldet.
Die Schweizer Variante wurde, wie bereits weiter oben erwähnt, bei INBAT erfolgreich im Hinblick auf ihre Verwendung als Schiffsantrieb getestet. Die Versuche zeigten einen Wirkungsgrad von 0,28 kN/kW (Schraube: 0,20 kN/kW, Voith-Schneider: 0,11 kN/kW). Weitere Vorteile: Steuerung durch den Antrieb (was zu wesentlicher Verbesserung der Manövrierfähigkeit führt, vor allem auch bei Flußtalfahrt); kaum Verwirbelung (i.e. kein Unterspülen von Kanalwänden, keine ökologischen Schäden durch Aufwirbeln des Grundes); beträchtliche Treibstoffeinsparung.
Für die Georgische Variante wurde im April 2002 ein Funktionsmodell mit 4 Arbeitshebeln erstellt; ein größerer Prototyp ist in Arbeit. Vorgesehen ist der Bau weiterer – kleinerer – Funktionsmodelle für hydrodynamische Messungen, die hier in Georgien durchgeführt werden können. – Aufgrund der unklaren Situation und der finanziellen Probleme wurde die Arbeit notgedrungen auf Sparflamme gestellt; bis sie schließlich vollends zum Stillstand kam. In einer Übergangsphase, bevor wir notgedrungen die Angelegenheit endgültig ad acta legten, sahen unsere Pläne wie folgt aus: daß wir uns weiter nicht mehr um die Verwendung als Schiffantrieb kümmern, sondern uns ausschließlich auf das Schwimmkraftwert konzentrieren; im Weiteren dann eventuell auch noch Windkraft. Die Entwicklung eines Schiffsantriebs schien uns für unsere Verhältnisse zu aufwendig; und zudem bestand die Vermutung, daß die Georgische Variante besser geeignet ist zum Nutzen vorhandener Strömung als zum Erzeugen selbiger; und drittens ist die Energieversorgung in Georgien ein wunder Punkt, den es zu behandeln gilt.
Nach Erschöpfung der Reserven auf Georgischer Seite konnte dank der großzügigen Finanzierung durch Georges Raillard die Arbeit fortgesetzt werden. Doch seine Mittel waren begrenzt; um erfolgreich weiterzukommen, mußte man die Arbeit an dem Aggregat in einen größeren Zusammenhang einbinden. Eine solche Möglichkeit ergab sich im Sommer 2002, als ein weiterer Erfinder dazustieß, Irakli Grischaschwili, der auf Grundlage natürlicher Georgischer Ressourcen ein neuartiges Filtermaterial und einen effektiveren Bremsbelag entwickelt hatte.
Für das Filtermaterial wurden verschiedene Verwendungen ins Auge gefaßt; doch ging die Entwicklung aufgrund finanzieller Schwierigkeiten nur sehr langsam und zähflüssig weiter. Die Verwendungen wären unter anderem: Kriminalistik (entsprechende Versuche wurden in Deutschland an kompetenter Stelle durchgeführt; allerdings nur mit dem allgemeinen Ergebnis: daß das Material für die Spurensicherung vermutlich geeignet ist); Wasserfilter; Zigarettenfilter; Gasmaskenfilter.
Laut zunächst gefaßten Plänen wollten wir in bescheidenem Umfang in Georgien mit der Produktion von Bremsbelägen für den örtlichen Markt beginnen: Die georgischen Autofahrer haben in der Regel keine Mittel, asbestfreie Beläge westlicher Produktion zu kaufen. Der georgische Markt (mitsamt umliegenden Staaten) wurde zu der Zeit und bis heute größtenteils durch kleinere Produktionsstätten beliefert, welche billige Bremsbeläge auf Asbestgrundlage herstellen. Da asbestfreie westliche Beläge nicht erschwinglich sind, besteht in Georgien keine vernünftige Grundlage, das – vorbereitete – Asbestverbot in Kraft zu setzen. – Unsere Beläge sind asbestfrei und könnten, bei besserer Qualität, zu einem erschwinglichen Preis (sogar leicht billiger als die bisherigen in Georgien produzierten asbesthaltigen) vertrieben werden; was zu einer Verdrängung der gesundheitsschädlichen Asbestbeläge führen würde.
Der Prototyp eines Gasmaskenfilters auf herkömmlicher Aktivkohle-Grundlage, dessen Schutzspektrum durch jenes Filtermaterial erweitert wurde, war fertig und wartete auf seine Zertifizierung. Die Frage, auf welche Firma wir den Zertifikationsantrag stellen sollen, konnte bislang nicht geklärt werden; alle Versuche, gemeinsam mit westlichen Partnern eine Grundlage im Westen zu schaffen, blieben schon im Ansatz stecken.
Verschiedene Erwägungen ergaben, daß es am günstigsten wäre, wenn man das Strömungsaggregat, das Filtermaterial mitsamt Anwendungen und die Bremsklötze, später auch verschiedene andere, noch nicht berücksichtigte reale Objekte, in einer Firma unterbringt, die ihren Sitz in einem westlichen Staat hat und in Georgien eine Filiale aufzieht. Georgische Firmen, mit denen wir in engem Kontakt waren, waren zu stark von gewissen „organisatorischen Verunreinigungen“ durchsetzt, die über kurz oder lang zu Problemen führen müßten. Doch alle Versuche, im Westen was zu machen, brachten nichts; außer halt, daß sie mir nachträglich Material lieferten zu einer Arbeit, die ich, wie ich mich erinnere, vor langen Zeiten mal am Gymnasium zu schreiben hatte und deren Titel da lautete: „The good lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.“
Was ich damals schrieb – weiß ich nicht mehr. Aber ganz sicher nicht das, was ich heute schreiben könnte.